Zuletzt geändert: 2016-08-16 11:38:37

Kolonkarzinom

Klinische Einteilung

Die Einteilung des Kolonkarzinoms erfolgt primär nach seiner Lokalisation.

Von allen kolorektalen Karzinomen finden sich 50 % im Rektum, 30 % der restlichen im Kolon aszendens, 15 % im Kolon transversum und 45 % im Sigma. Morphologisch handelt es sich überwiegend um Adenokarzinome. 

Die folgenden Typen werden unterschieden:

Hereditäre nicht-polypoide Kolonkarziniome (HNPCC

Bei ca. 10 % der Karzinompatienten besteht ein sog. HNPCC, d.h. eine genetische Disposition zur Entwicklung eines Kolonkarzinomes. Ursächlich sind Mikrosatelliteninstabilitäten als Ausdruck von nicht funktiontüchtigen Reparaturgenen für die Prädisposition verantwortlich. Charakteristisch sind: 

HNPCC-Genträger entwickeln in > 80 % im Laufe des Lebens einen Tumor. Dies gilt vermindert auch für extrakolische Neoplasien wie Endometrium-, Ovarial-, Magen- und Dünndarmkarzinome sowie Urothelkarzinome des Nierenbeckens und Harnleiters.

Nach aktuellen S3-Leitlinien besteht bei HNPCC Patienten keine gesicherte Indikation für eine prophylaktische Chirurgie i.S. einer subtotalen Kolonresektion.

HNPCC-Risikopersonen ist ab dem 18. Lebensjahr eine genetische Beratung zu empfehlen. Sobald die krankheitsverursachende Mutation in der betreffenden Familie bekannt ist, sollte diese bei den Risikopersonen untersucht werden.

Zur Risikoreduktion eines kolorektalen Karzinoms ist eine hohe Ballaststoffaufnahme wichtig und rotes bzw. verarbeitetes Fleisch sollte nicht täglich verzehrt werden. Obst und Gemüse und eine Limitierung des Alkoholkonsums werden hingegen empfohlen. Mit der Darmkrebsvorsorge für die asymptomatische Bevölkerung sollte ab dem Alter von 50 Jahren begonnen werden. Die komplette Koloskopie besitzt die höchste Sensitivität und Spezifität und sollte daher als Standardverfahren empfohlen werden. Bei unauffälligem Befund Wiederholung der Koloskopie nach 10 Jahren. In einem solchen Setting sind Stuhltest-Screeningverfahren nicht erforderlich. Weder die CT-Kolonografie noch die MRT-Kolonografie können derzeit außerhalb von Studien für das Screening in der asymptomatischen Bevölkerung empfohlen werden.

Neuere Erkenntnisse sprechen dafür, dass die langfristige Einnahme von Aminosalizylate (5-ASA) die Häufigkeit des Auftretens von Kolonkarzinomen verringern kann. Hierbei empfehlen wir eine individuelle Beratung beim Spezialisten.

 


Pathogenese, Ätiologie

Exogene Noxen:

Ernährung (low fibre diet, rotes Fleisch, Cholesterin, hoher Fettkonsum). Obst und Gemüse: wahrscheinlich protektiver Effekt !

Endogene Noxen:

Präkanzerosen und Risikokrankheiten

 

Epidemiologie

Inzidenz: Das "lifetime risk", an einem Kolonkarzinom zu erkranken, liegt bei Männern bei 1:21 (4.7%) und bei Frauen bei 1:23 (4.4%) . Die Sterblichkeit an Kolonkarzinom nimmt stetig ab und die Therapieergebnisse verbessern sich ständig.

In den Vereinigten Staaten gibt es inzwischen > 1 Million Patienten, die von der Erkrankung geheilt werden konnten (www.cancer.org).

Altersgipfel: 50 - 70

Geschlecht: Männer > Frauen

Geographie: Industrienationen, Populationen mit westlichen Diätgewohnheiten

TNM-Klassifikation (2010, 7.Auflage)

TNM Beschreibung Ergänzungen
Tis Carcinoma in situ bei Tumorzellen in der Basalmembran der Drüsen oder in der Lamina propria, ohne Ausbreitung durch die Muscularis mucosae
T1 Tumor infiltriert Submucosa  
T2 Tumor infiltriert Muscularis propria  
T3 Subserosa oder nicht peritoneal überzogenes perikolisches oder perirektales Gewebe  
T4a Perforation des viszeralen Peritoneums    
T4b Infiltration angrenzender Organe  
N0 keine regionären Lymphknotenmetastasen Regionäre Lymphadenektomie und Untersuchung von 12 oder mehr Lymphknoten.
N1a Metastasen 1 regionären Lymphknoten  
N1b LK-Metastasen in 2-3 regionären LK  
N1c Tumorknötchen bzw Satelliten im umlieg. Fettgew. ohne reg. Lk-Met.  
N2a Metastasen in 4-6 regionären Lymphknoten  
N2b Metastasen in > 7 regionären Lymphknoten  
M0 Keine Fernmetastasen  
M1a Metastasen beschränkt auf 1 Organ  
M1b Metastasen in > 1 Organ / im Peritoneum  

Stadieneinteilung (UICC 2012)

Stadium I T1,2 N0 M0
Stadium IIa T3 N0 M0
Stadium IIb T4a N0 M0
Stadium IIc T4b N0 M0
Stadium III jedes T N1,N2 M0
Stadium IIIa T1 N2a; T1/2 N1a M0
Stadium IIIb T1/2 N2b; T2/3 N2a; T3/4a N1 M0
Stadium IIIc T4b N1/2; T3/4b N2b; T4a N2a M0 M0
Stadium IVa jedes T  jedes N  M1a
Stadium IVb jedes T jedes N M1b

 

Prästationäre Maßnahmen (Hausarzt):

Basis-OP-Vorbereitung

Obligate Diagnostik

 

Risikoprofil: Basisdiagnostik

 

                    Abbildung: Endoskopie: Kolon-Transversum-Karzinom. (Quelle: MRI)

 

                    Abbildung: Lebermetastasen eines Kolonkarzinoms im linken Leberlappen (Quelle: MRI)  

Fakultative Diagnostik

nicht definiert


Therapievorgehen [Chirurgie]

Aufklärung

Dickdarmteilentfernung, Ureterverletzung, Verletzung anderer benachbarter Strukturen und Organe, Harnleiterfistel, Anastomoseninsuffizienz, künstlicher Ausgang (vorübergehend oder auf Dauer), Operationserweiterung, Infekt, Wundheilungsstörung, Blutung, Fremdblut, Eigenblutspende nicht sinnvoll, Hepatitis, AIDS, Tumorrezidiv, Lagerungsschaden, intraportaler Katheter, Chemotherapie, ggf. systemische Port-Implantation, bei Komplikation Behandlung auf Intensivstation, Sepsis, Nachbeatmung, bei Langzeitbeatmung Luftröhrenschnitt

Vorbereitung (fast track oder ERAS)

  • Peripherer Venenzugang
  • Darmvorbereitung: Entweder keine oder 1000 ml Golytely am Vortag
  • Patient darf vor OP normal Essen, am Vortag vor OP Suppe und Proteindrinks
  • Restriktive Flüssigkeitsbilanz intraoperativ und perioperativ
  • Schluckweise Tee am 1. p.o. Tag und Mobilisation, rascher Kostaufbau

Vorbereitung (old fashioned)

in jedem Fall:

Operationsverfahren

Behandlungskonzept:

Resektionsausmaß (radikale Lymphadenektomie)

Karzinome der rechten und linken Flexur müssen erweitert rechts- oder linkshemikolektomiert werden, da in 30% Lymphknotenbefall der LK-Gruppe der A. colica media vorliegt!

 

  Zökum   Hemikolektomie rechts
kein Bild Aszendens Hemikolektomie rechts, ggf. erweitert
rechte Flexur erweiterte Hemikolektomie rechts
kein Bild Transversum   erweiterte Hemikolektomie rechts oder links
kein Bild linke Flexur     erweiterte Hemikolektomie links
Deszendens Hemikolektomie links, ggf. erweitert
Sigma    radikale Sigmaresektion

 

Bei einer subtotalen Kolektomie wird das Kolon ascendens, - transversum und - descendens entfernt. Die Rekonstruktion erfolgt in der Regel durch eine Ileo-Sigmoidostomie.

 

                       Nachbehandlung

Hinweis: Sämtliche OP-Verfahren können auch laparoskopisch angeboten werden. Die abschliessende Bewertung der Vorteile und Langzeitergebnisse der Verfahren steht noch aus. Bitte lassen Sie sich lokal beraten. Bedenken Sie, dass Sie nur einmal optimal und onkologisch adäquat operiert werden können. Experimente sind in keinem Fall angebracht und im Zweifel ist den offenen Standardverfahren der Vorzug zu geben.

 


Therapievorgehen (Innere)

Während einer Endoskopie aufgefundene Polypen sollen abgetragen und histologisch nach WHO-Kriterien untersucht werden.

S3-Leitlinie: In Hinblick auf weitere therapeutische Konsequenzen bei komplett entfernten pT1-Karzinomen soll eine zusammenfassende Klassifikation in „Low-risk" (G1, G 2 und keine Lymphgefäßeinbrüche [L0]) oder „High-risk" (G3, G 4, und/oder Lymphgefäßeinbrüche [L1]) erfolgen.Ergibt die histologische Untersuchung eines endoskopisch R 0-entfernten Polypen ein pT1-Karzinom, soll auf eine onkologische Nachresektion verzichtet werden, wenn es sich um eine Low-Risk-Situation bei histologisch karzinomfreier Polypenbasis (R0) handelt. In der High-Risk-Situation ist die radikale chirurgische Behandlung erforderlich, auch wenn die Läsion komplett entfernt wurde.

 


 

Therapievorgehen (Onkologie)

Die Entscheidung über ein multimodales therapeutisches Vorgehen fällt beim Kolonkarzinom im Wesentlichen erst nach der Operation, d.h. nach Vorliegen der Resektathistologie und des intraoperativen Befundes.

NeoadjuvanteTherapie:

T4-Tumoren des Zökum/Aszendens und des Deszendens mit Infiltration der seitlichen Bauchdecken.

- Präoperative Radiochemotherapie mit kontinuierlich 5-FU und 40 Gy, IORT oder postoperative Bestrahlung mit 20 Gy.

Adjuvante Therapie:

Bei Patienten mit R0-reseziertem Karzinom im Stadium III ist eine systemische adjuvante Chemotherapie indiziert (z. B. FOLFOX4: Folinsure (FS) (200 mg/m2 als 2-h-Infusion, Tag 1 und 2) plus 5-FU (400 mg/m2 als Bolus, danach 600 mg/m2 als 22-h-Infusion; Tag 1 und 2) in Kombination mit Oxaliplatin (85 mg/m2 als 2-h-Infusion; Tag 1), Wiederholung Tag 15. 1 Zyklus umfasst 2 Wochen, insgesamt 12 Zyklen)

Additive Therapie:

Indikation: bei belassenem Tumorrest und/oder synchronen oder metachronen Metastasen

Stadium II und III und IV (R1/2) : Chemotherapie

M1: Resektable Lungenmetastasen sollten reseziert werden. Lebermetastasen sollten von einem in der Metatsasenchirurgie erfahrenen Chirurgen beurteilt und, wenn möglich, reseziert werden (5-J-Überleben von bis zu 40%). Eine neoadjuvante Therapie der Metastasen kann diskutiert werden, ebenso eine adjuvante CTX.

Irresektabilität:

Eine systemische Chemotherapie ist in den meisten Fällen indiziert. Bitte lassen Sie sich individuell beraten.

 


Anhaltspunkte zur Prognose

5-Jahres Überlebensraten:

Stadium I 98-100%

Stadium II 75-80%

Stadium III 59-66%

Stadium IV 12-20%

Lokalrezidiv Rate: 5,9% (eigenes Krankengut) - 15%

Prognose Faktoren: R-Status; UICC-Stadium; (p)N-Status; (p)Grading; Tumoreröffnung (erhöhte Lokalrezidivrate)? DNA-Ploidie;

Nachsorge: Klinische Untersuchung, Abdomensono, CEA-Bestimmung, Koloskopie. Die Koloskopie erkennt Lokalrezidive oder Zweittumoren. Alle Patienten sollten prä- oder innerhalb von 6 Monaten postoperativ (bei initialer Tumorstenose) eine komplette Koloskopie erhalten. Eine Koloskopie ist nach 3 Jahren und anschließend alle 5 Jahre erforderlich, um metachrone Karzinome oder Polypen zu entdecken.


Siehe auch:

S3 Leitlinie Kolonkarzinom August 2014

Flowchart Kolonkarzinom

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