Zuletzt geändert: 2016-09-13 11:02:38

Schilddrüsenmalignom

Klinische Einteilung

Die Schilddrüsenmalignome werden entsprechend ihrer Histologie und Ausdifferenzierung eingeteilt.

Die WHO (Hedinger, Williams, Sobin 1991) unterscheidet die Schilddrüsenkarzinome:

Histologischer Typ Varianten
Follikulär hellzellig
  oxyphil
Papillär Mikrokarzinom
  gekapselt
  follikulär
  sklerosierend
  oxyphil
Medullär  
Anaplastisch Sarkome; Plattenepithelkarzinome; Metastasen  

Die oxyphile Variante (histologisch charakterisiert durch Reichtum an Mitochondrien) der papillären und follikulären SD-Karzinome macht ca. 5 % der Gesamtkollektive aus. Sie sind durch in der Regel fehlende Jodspeicherpotenz gekennzeichnet und sind somit der Radiojodtherapie nicht immer zugänglich, was als Hauptursache für die schlechtere Prognose dieser Tumoren angesehen wird.

Generell sind Histologie, Epidemiologie, Metastasierung, Therapie wie folgt, gruppiert nach Prognose, zusammenzufassen:

Art Epidemiologie Metastasen Op Nachbehandlung
Papilläres Karzinom 35-60% aller Karzinome, Alter <40, w:m 3:1 Lymphogen: Halslymphknoten Totale Thyreoidektomie mit regionaler Lymphadenektomie Radiojod (?); beste Prognose
Follikuläres Karzinom  25-45 % aller Karzinome, Alter > 40,  w:m 3:1 Hämatogen: Lunge, Knochen Totale Thyreoidektomie + selektive Lymphadenektomie Radiojod, gute Prognose
Medulläres Karzinom 5-10% aller Karzinome; 40-50 Jahre, w:m 1:1  Lymphogen Hämatogen Totale Thyreoidektomie + modifizierte radikale Neck-Dissection Solitärmetastasen operieren; mäßige Prognose; MEN Typ II ausschließen
Anaplastische Karzinom 10-15% aller Karzinome, 40-50 Jahre, w:m 2:1  Hämatogen Totale Thyreoidektomie, neoadjuvante Therapie Radiatio, ggf. Chemotherapie, schlechte Prognose

Pathogenese, Ätiologie

Exogene Noxen: Bestrahlungsanamnese im Halsgebiet

Endogene Noxen: keine bekannt

Präkanzerosen: keine bekannt


Epidemiologie

TNM Klassifikation (UICC 2002)

TNM Beschreibung UICC 2002 Ergänzungen 
T0 Kein Anhalt für Tumor  
Tis Carcinoma in situ  
T1 Tumor <= 2 cm begrenzt auf Schilddrüse  
T2 Tumor > 2 cm, Tumor < 4 cm begrenzt auf Schilddrüse  
T3 Tumor > 4 cm, begrenzt auf Schilddrüse oder jeder Tumor mit minimaler extrathyroidaler Ausdehnung (z.B. gerader Halsmuskulatur oder perithyroidales Bindegewebe)  
T4

T4a Tumor jeder Grösse der die Schilddrüsenkapsel überschreitet und in Subkutangewebe, Larynx, Trachea, Ösophagus oder die Recurrensnerven einwächst

T4b Tumor jeder Grösse, der die prävertebrale Faszie infiltriert oder die a. carotis oder Mediastinalgefässe infiltriert / umscheidet

Anaplastische Karzinome:

T4a Intrathyroidale anaplastische Karzinome, chirurgisch resektabel

T4b Extrathyroidale Karzinome, nicht-resektabel 

 
N0 kein Anhalt für LK-Metastasen Selektive Neck-Dissection und Entfernung von 6 oder mehr LK
N1 regionäre LK-Metastasen  
N1a Metastasen Level IV (prätracheal, paratracheal, prälaryngeal)  
N1b Andere LK-Metastasen unilateral, oder bilateral, oder kontralateral cervikal, oder obere Mediastinallymphknoten  
M0 Keine Fernmetastasen  
M1 Fernmetastasen  

 

 

Papilläre oder follikuläre  Karzinome
Unter 45 Jahre 
Gruppe T stage N stage M stage
I Any T Any N M0
II Any T Any N M1
45 Jahre und älter 
Gruppe T stage N stage M stage
I T1 N0 M0
II T2 N0 M0
III T3 N0 M0
  T1 N1a M0
  T2 N1a M0
  T3 N1a M0
IVA T4a N0 M0
  T4a N1a M0
  T1 N1b M0
  T2 N1b M0
  T3 N1b M0
  T4a N1b M0
IVB T4b Any N M0
IVC Any T Any N M1
Medulläre Karzinome
Gruppe T stage N stage M stage
I T1 N0 M0
II T2 N0 M0
III T3 N0 M0
  T1 N1a M0
  T2 N1a M0
  T3 N1a M0
IVA T4a N0 M0
  T4a N1a M0
  T1 N1b M0
  T2 N1b M0
  T3 N1b M0
  T4a N1b M0
IVB T4b Any N M0
IVC Any T Any N M1
Anaplastische Karzinome
Gruppe T stage N stage M stage
IVA T4a Any N M0
IVB T4b Any N M0

IVC


Any T


Any N


M1



 

 

Prästationäre Maßnahmen (Hausarzt):

Basis-OP-Vorbereitung, Überweisung in spezialisierte Schilddrüsenambulanz (Szintigraphie, Schilddrüsensono, Feinnadelpunktion)

Obligate Diagnostik

In der gesamten Diagnostik keine jodhaltigen Medikamente, Desinfektionsmittel oder Kontrastmittel (wegen Radiojodtherapie) verabreichen !

Klinische Untersuchung, Schilddrüsen- (Supressions-) Szintigramm, Schilddrüsensonogramm, Feinnadelpunktion, HNO-Konsil, Knochenszintigramm, Tracheoskopie; Ösophagoskopie mit

Endosono; Lungenübersichtsaufnahme, T3/T4, TSH basal, Kalzium bestimmen.

Tumormarker:

CEA

Risikoprofil: Basisdiagnostik

               Abbildung: kalter Knoten im Schilddrüsenszintigramm. Quelle: MRI/C Vogelsang

               Abbildung: heißer Knoten im Schilddrüsenszintigramm. Quelle: MRI/C Vogelsang

               Abbildung: Tumorknoten im Schilddrüsensonogramm Quelle: MRI/C Vogelsang

Fakultative Diagnostik

Computertomographie des Halses (Thorax bei speziellen Fragestellungen), Kernspin;

               Abbildung: Intrathorakale Struma auf der Thoraxübersichtsaufnahme Quelle: MRI

               Abbildung: Intrathorakale Struma im CT Thorax Quelle: MRI

               Abbildung: Schilddrüsenadenom im Kernspin Quelle: MRI/C


Therapievorgehen [Chirurgie]

Aufklärung

Recurrensparese, Verletzung von Trachea oder Ösophagus, Thyroxin-Substitution, Rezidiv, Blutung, Fremdblut, Hepatitis, AIDS, Rezidiv, Intensivpflege und Tracheotomie (bds. Recurrensparese), kosmetisch unschöne Narbe.

Vorbereitung

Halsrasur. Keine spezielle Vorbereitung. Lagerung überwachen.

Operationsverfahren

Totale Thyreodektomie (Standardtherapie), ggf. mit regionaler Lymphadenektomie

             Die Recurrensdarstellung beidseits ist obligat.

Operationstechnische Hinweise:

Nachbehandlung

abends: schluckweise Tee, normaler Kostaufbau

2. Tag.: Ziehen der Redon-Drainagen (ohne Sog! [sekundäre Recurrensschädigung oder Nachblutung]).

Lebenslange Thyroxin-Substitutionstherapie erforderlich.

Mehr noch als bei der Radiojodtherapie gutartiger Schilddrüsenerkrankungen muss in der Phase vor einer eventuellen  Radiojodtherapie des Schilddrüsenkarzinoms darauf geachtet werden, dem Patienten kein zusätzliches Jod und möglichst auch kein Thyroxin zukommen zu lassen.

Komplikationsrangliste

Typ Auftreten (p.o. Tag) Prävention; Behandlung
Recurrensparese Op Oft intermittierend (Hakenzug etc). Vernebler, Antiphlogistikum, HNO-Konsil.
Störung des Kalziumspiegels Op-3 engmaschige Elektrolytontrollen, ggf Ca++-Substitution
Nachblutung Op-3 Reoperation. Bei Trachealkompression mit Dyspnoe ggf. bettseitig Wunde eröffnen.

Therapieschemen [Onkologie]

Im Anschluss an die Operation folgt, außer bei anaplastischen oder medullären Karzinomen, die Radiojod-Therapie. Bei fehlender Jodspeicherung sollte der Patient an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden. Es kommt dann eine Chemotherapie (Anthrazyklinhaltige Chemotherapeutika oder Doxyrubicin) im Rahmen von Therapiestudien in Betracht, da ein Standardschema derzeit nicht existiert. Die Strahlentherapie kommt bei metastasierenden, nicht auf Radiojodtherapie ansprechenden SD-Karzinomen oder nichtresektablen Metastasen (palliativ) zum Einsatz.

Adjuvante / Additive Radiotherapie

Bei pT4 Schilddrüsenkarzinomen jeder Histologie.


Anhaltspunkte zur Prognose

Im Allgemeinen gute Langzeitprognose. Beste Prognose bei nicht-oxyphilen papillären Schilddrüsenkarzinomen. Auch Patienten mit Fernmetastasen können in über 50% der Fälle geheilt werden. Als Tumormarker muss Thyreoglobulin im Verlauf bestimmt werden. Prognostische Faktoren für follikuläres Karzinom: T-Stadium nach UICC; M-Kategorie; Papilläres Karzinom: Oxyphile Ausprägung;

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