Zuletzt geändert: 2016-04-15 16:52:59

Kolondivertikulose und -divertikulitis

Klinische Einteilung, Pathogenese

Erworbene Ausstülpungen der Kolonwand, die im Gegensatz zu angeborenen Divertikeln falsche Divertikel, d.h. Ausstülpungen nur der Schleimhaut, nicht der gesamten Darmwand darstellen. Die Divertikulose beschreibt das Vorhandensein von Kolondivertikeln. Die Divertikel entstehen durch erhöhten intraluminalen Kolondruck, wobei die Zusammensetzung der Nahrung (faserarme Kost) bei der Entstehung eine entscheidenden Rolle spielt. Die bevorzugte Lokalisation der Divertikel ist das "Reservoirorgan" Sigma. Bei Retention von Darminhalt in den Divertikeln kommt es zu lokalen entzündlichen Veränderungen in den Divertikelhälsen, und es bildet sich im Gefolge eine Peridivertikulitis und schliesslich eine Parakolitis mit Stenose aus.

Die Klassifikation nach Hansen und Stock ist eine klinische Klassifikation zur Einteilung der Divertikulitis:

StadiumBezeichnungKlinik
0Divertikuloseasymptomatisch
Iakute unkomplizierte DivertikulitisSchmerzen im Unterbauch, ggf. Fieber
IIakute komplizierte Divertikulitis 
IIaPeridivertikulitis, phlegmonöse DivertikulitisDruckschmerz, lokale Abwehrspannung, tastbare Resistenz, Fieber
IIbabszedierende Divertikulitis, gedeckte PerforationLokaler Peritonismus, Fieber, Darmatonie
IIcfreie Divertikelperforationakutes Abdomen, Peritonitis
IIIchronisch rezidivierende Divertikulitisrezidivierender Unterbauchschmerz, Obstipation, Subileus

 

Gemäß S2k-Leitlinie "Divertikelkrankheit/Divertikulitis" der AWMF von Mai 2014 wurde die Klassifikation der Divertikelkrankheit und Divertikulitis "etwas" alteriert, lehnt sich aber weiterhin an die Klassifikation von Hansen und Stock an. Meine Meinung ? Zu unübersichtlich und viel zu kompliziert:

StadiumBezeichnungKlinik
Typ 0Asymptomatische DivertikuloseZufallsbefund; asymptomatisch; Keine Krankheit
Typ 1Akute unkomplizierte Divertikelkrankheit/Divertikulitis
Typ 1aDivertikulitis/Divertikelkrankheit ohne UmgebungsreaktionAuf die Divertikel beziehbare Symptome; Entzündungszeichen (Labor): optional; Typische Schnittbildgebung
Typ 1bDivertikulitis mit phlegmonöser UmgehungsreaktionEntzündungszeichen (Labor): obligat; Schnittbildgebung: phlegmonöse Divertikulitis
Typ 2Akute komplizierte Divertikulitis wie 1b, zusätzlich:
Typ 2aMikroabszess, gedeckte Perforation, kleiner Abszess (≤ 1cm); minimale parakolische Luft
Typ 2bMakroabszeß, gedeckte Perforation, Para- oder mesokolischer Abszess (>1cm)
Typ 2cFreie Perforation, freie Luft/Flüssigkeit; generalisierte Peritonitis
Typ 2c1Eitrige Peritonitis
Typ 2c2Fäkale Peritonitis
Typ 3Chronische Divertikelkrankheit; Rezidivierende oder anhaltende symptomatische Divertikelkrankheit
Typ 3aSymptomatische unkomplizierte Divertikelkrankheit (SUDD)Typische Klinik; Entzündungszeichen (Labor): optional
Typ 3bRezidivierende Divertikulitis ohne KomplikationenEntzündungszeichen (Labor) vorhanden; Schnittbildgebung: typisch
Typ 3cRezidivierende Divertikulitis mit KomplikationenNachweis von Stenosen, Fisteln, Konglomerat
Typ 4DivertikelblutungNachweis der Blutungsquelle

Im englischen Sprachraum ist bei Vorliegen einer Perforation die Klassifikation nach Hinchey gebräuchlich. Wir geben das hier mal in englischer Sprache an:

The Hinchey classification - proposed by Hinchey et al. in 1978 classifies a colonic perforation due to diverticular disease. The classification is I-IV:

Hinchey I - localised abscess (para-colonic)
Hinchey II - pelvic abscess
Hinchey III - purulent peritonitis (the presence of pus in the abdominal cavity)
Hinchey IV - feculent peritonitis

 


Epidemiologie

 

Spontanverlauf

unbehandelt progredienter Verlauf mit Ausbildung von Stenosen, Fisteln und Abszessen

Mögliche Komplikationen

Prästationäre Maßnahmen (Hausarzt)

Sonographie; bei Komplikationsverdacht oder Unsicherheit: sofortige Klinikeinweisung.

Symptome

Obligate Diagnostik

                 Abbildung: Stenosierende Sigmadivertikulitis im Gastrografineinlauf (Quelle: MRI) 

                 Abbildung: Stenosierende Sigmadivertikulitis im Becken-CT (Quelle: MRI) 

Fakultative Diagnostik


Therapie [Chirurgie]

Indikaton:

Alle unkompilizierten Sigmadivertikulitiden Typ I sollten grundsätzlich zunächst konservativ behandelt werden.

Führt eine adäquate konservative Therapie nicht zur Ausheilung der akuten unkomplizierten Divertikulitis, sollte nach Ausschluss einer Komplikation bzw. anderer Erkrankungen eine operative Therapie erwogen werden.

Bei rezidivierenden Schüben einer chronischen Divertikulitis oder Nachweis einer Sigmastenose ist die Indikation zur chirurgischen Therapie gegeben.

Aufklärung

Konservative Therapiealternative, Wundheilungsstörung, unschöne Narbe, Blutung, Nachblutung, Eigenblutspende nicht sinnvoll, Darmverletzung, Darmresektion, Blasenverletzung, Ureterverletzung, Umsteigen auf offene Operation, (temporärer) künstlicher Darmausgang, bei Komplikation Behandlung auf Intensivstation, Sepsis, Nachbeatmung, bei Langzeitbeatmung Luftröhrenschnitt

Vorbereitung

Bei Nachweis einer stenosierenden Sigmadivertikulitis wird der Patient stationär aufgenommen. Legen eines zentralen Venenkatheters. Komplette parenterale Ernährung über 5-6 Tage, Ansetzen eines Breitspektrumantibiotikums (iv., ggf. Kombination, z.B. Piperazillin [Pipril] 3 x 1 g / Metronidazol [Clont] 3 x 0.5 g). siehe auch Tabelle gebräuchlicher Antibiotika 

Präoperativ: Abführen mit 1/2-1 Portion Senna z.B. [X-Prep] und 1000 ml PEG, z.B. [Golytely]. Blasenkatheter;

Beachte auch: Neuerdings kommt das sog. Fast-track (ERAS) Konzept zur Anwendung:

Kein Abführen präoperativ. Proteindrinks bis zur OP erlaubt. Periduralkatheter. Entlassung 3-4 Tage postoperativ.

Standardoperationsverfahren: Die chirurgische Standardtherapie ist laparoskopische oder offene Sigmaresektion mit End-zu-End-Anastomose. Die Anastomose sollte in Höhe der peritonealen Umschlagfalte zu liegen kommen.

Details zur Nachbehandlung eines Routinefalles:

grundsätzlich: perioperative Antibiotikaprophylaxe mit Breitbandantibiotikum und/oder Metronidazol


Therapie [Internistisch]

Indikation: Die konservative Behandlung der Sigmadivertikulitis hat an Bedeutung gewonnen. Die früher geltende Maxime, sie sei nur beim erster Schub einer unkomplizierten Sigmadivertikulitis indiziert, muss relativiert werden.

Alle unkompilizierten Sigmadivertikulitiden Typ I sollten grundsätzlich konservativ behandelt werden.

Führt eine adäquate konservative Therapie nicht zur Ausheilung der akuten unkomplizierten Divertikulitis, sollte nach Ausschluss einer Komplikation bzw. anderer Erkrankungen eine operative Therapie erwogen werden.

Bausteine der konservativen Behandlung:


Behandlungsergebnisse: abhängig vom Komplikationsgrad. Bei unkomplizierter Sigmadivertikulitis 0-1 % Mortalität. Anastomoseninsuffizienz 3-6 %.


Siehe auch:

Flowchart Sigmadivertikulitis

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