Zuletzt geändert: 2016-08-07 11:17:10

Ösophagusmotilitätsstörungen

Normale Ösophagusmotilität

Als Basisdiagnostik bei Ösophagusfunktionsstörungen wird neben dem Ösophagusbreischluck und der Endoskopie die Manometrie der Speiseröhre durchgeführt. Hierbei wird mittels flüssigkeitsperfundierten Kathetern der Druckverlauf der Ösophagusperistaltik auf verschiedenen Leveln der Speiseröhre gemessen. In der tubulären Speiseröhre finden sich bei Normalpersonen fortgeleitete (gering auf der Zeitachse verschobene) Druckamplituden.

              Abbildung: Manometrie des distalen Ösophagus bei Normalperson (Quelle: MRI/C)

Im Bereich des unteren Ösophagussphinkters finden sich bei willkürlichen Schluckakten Relaxationen des Sphinkters bis auf das Niveau des Magenbinnendruckes.

                 Abbildung: Manometrie des unteren Ösophagussphinkters bei Normalperson (Quelle: MRI/C)


Primäre Motilitätsstörungen

Achalasie

Definition

Die Achalasie ist eine Motilitätsstörung, die durch das Fehlen peristaltischer Kontraktionen in der Speiseröhre und einer fehlenden Relaxation im Bereich des unteren Ösophagussphinkters charakterisiert ist. Pathogenetisch wird ein Ausfall von intramuralen Ganglienzellen des Ösophagus diskutiert. Neben der ätiologisch nicht aufgeklärten primären Form gibt es sekundäre Achalasieformen im Gefolge der Chagas-Krankheit. Das Vorliegen eines Kardiakarzinomes kann das klinische Bild einer Achalasie vortäuschen (Pseudoachalasie) und mus immer durch multiple endoskopische, ggf. transmukosale Biopsien aus der Kardiaregion ausgeschlossen werden !

Symptome:  Dysphagie, Regurgitation, Gewichtsverlust, retrosternale Schmerzen

Manometrie: Die hypermotile Form der Achalasie zeigt in der tubulären Speiseröhre tertiäre, hypertone Kontraktionen und einen normotonen Ösophagussphinkter bei fehlender Erschlaffung.

Die hypomotile Form der Achalasie zeigt in der tubulären Speiseröhre spärliche oder fehlende hypotone, tertiäre Kontraktionen bei erhöhtem Sphinktertonus und fehlender bzw. unkoordinierter Sphinkterrelaxation.

                 Abbildung: Manometrie des Ösophagussphinkters bei Patient mit Achalasie (Quelle: MRI/C)

Beachte: fehlende Sphinktererschlaffung bei willkürklichen Schluckakten!

                 Abbildung: Manometrie des distalen Ösophagus bei Patient mit Achalasie (Quelle: MRI/C)

Beachte: Simultane Kontraktionen im tubulären Ösophagus !

pH-Metrie: Sie zeigt in der Regel eine Absenkung der pH-Basislinie im distalen Ösophagus, die Ausdruck der verminderten Speiseröhrenclearance mit Ansäuerung des distalen Ösophagus ist.

Obligate Diagnostik

Gastrografinschluck, Endoskopie, unbedingt Stufenbiopsien (Karzinomausschlus), Manometrie, ggf. pH-Metrie

                 Abbildung: Gastrografinschluck bei hypomotiler Achalasie (Quelle: MRI) 

Konservative Behandlung

Bei allen Patienten wird primär ein medikamentöser Behandlungsversuch unternommen, wobei in den letzten Jahren verwendet wurde:

Nifedipin [Adalat] 10-20 mg sublingual vor den Mahlzeiten oder

Verapamil [Isoptin] 3 x 1 Tbl. vor den Mahlzeiten oder

Isorbitdinitrat [Sorbidilat] 3 x 1 Kps

Als neue, internistische Behandlungstechnik ist die Injektion von Botulinumtoxin in die Kardiaregion zu erwähnen.

Die Therapie der Wahl bei ungenügendem Ansprechen ist die pneumatische Dilatation mit 200-300 mmHg unter stationären Bedingungen. Die Hauptkomplikation ist eine dilatationsbedingte Ösophagusruptur, die nach der Behandlung radiologisch ausgeschlossen werden mus (->Isovistschluck).

Chirurgische Behandlung

Wir führen in der Regel drei pneumatische Dilatationssitzungen durch; bei Wiederauftreten der Symptome wird die Indikation zur chirurgischen Therapie gestellt. Das chirurgische Standardverfahren zur langfristigen Therapie der Achalasie ist die distale Ösophagusmyotomie und Thal'sche Fundoplastik. Die Fundoplastik wird als Antirefluxmaßnahme sowie zum "Offenhalten" der Myotomie zugeführt. Die Behandlung kann transabdominell konventionell, aber auch analog sehr elegant laparoskopisch durchgeführt werden.


Diffuser Spasmus

Definition

Motilitätsstörung, die durch das Auftreten tertiärer repetitiver Kontraktionen von hoher Kontraktionsamplitude gekennzeichnet ist.

Symptome: Dysphagie, retrosternale Schmerzen

Manometrie: Nachweis spastischer, hypertoner und nicht-peristaltischer Kontraktionen in der tubulären Speiseröhre. Der untere Ösophagussphinkter zeigt einen Normalbefund.

                 Abbildung: Manometrie des distalen Ösophagus bei Patient mit diffusem Spasmus (Quelle: MRI/C)

pH-Metrie: Sie zeigt in der Regel eine Normalbefund.

Konservative Behandlung

Therapie der ersten Wahl ist die medikamentöse Behandlung. Folgende Medikamente können verwendet werden :

Nifedipin [Adalat] 10-20 mg sublingual vor den Mahlzeiten oder

Verapamil [Isoptin] 3 x 1 Tbl. vor den Mahlzeiten oder

Isorbitdinitrat [Sorbidilat] 3 x 1 Kps oder

Diazepam [Valium] 3 x 2 mg

Chirurgische Behandlung:

Sie ist nur ausnahmsweise indiziert. Bei therapieresistenten Fällen führen wir die transthorakale Myotomie des Ösophagus durch. Diese Behandlung kann analog auch thorakoskopisch vorgenommen werden.


Nußknackerösophagus

Definition

Dieses Krankheitsbild wurde früher bei manometrischem Nachweis von Kontraktionen mit hoher Kontraktionsamplitude (Einzelkontraktion > 200 mmHg, mittlere Kontraktionsamplitude > 120 mmHg, Dauer > 5.5 s) angenommen. Tatsächlich sind derartige Patienten extrem selten, und die langzeitmanometrische Kontrolle führt in der Regel nicht zum Nachweis von hypertonen Kontraktionen, die mit einem thorakalen Schmerzereignis korrelieren. Eine medikamentöse Behandlung ist meist überflüssig.

Unspezifische Motilitätsstörung

Definition: Unter diesem Oberbegriff werden manometrische Befunde wie verlängerte Kontraktionsamplitude, Deformation der Kontraktionsamplitude (Mehrgipfligkeit), Auftreten vereinzelter simultaner Kontraktionen, Auftreten segmentaler (spontaner) Kontraktionen zusammengefaßt. Wird eine medikamentöse Therapie erforderlich, so steht das Spektrum wie unter diffusem Spasmus zur Verfügung (meist sollte man mit einer niedrigen Nitratdosis beginnen).

Sekundäre Motilitätsstörung

Bei den folgenden Krankheitsbildern kann es zu z.T. ausgeprägten Motilitätsstörungen des Ösophagus kommen, die durch die Behandlung der Grundkrankheit therapiert werden können:

Kollagenose Sklerodermie
  Lupus erythematodes
  Polyneuropathie, Dermatomyositis
  Sjögren Syndrom
  Raynaud Syndrom
Muskelerkrankungen Myasthenie
  Myotonische Dystrophie
ZNS-Erkrankungen Poliomyelitis
  Stammhirnläsionen
Periphere Polyneuropathie Diabetes
  Alkoholkrankheit
  Amyloidose

 

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